Guter Sound für draußen
Alles schon mal da gewesen – so könnte man diesen Beitrag überschreiben: HiFi-Genuss im Garten oder am Pool ist bereits in Amerikas „golden Age“ zwischen 1950 und etwa 1965 ein durchaus ernst zu nehmendes Thema. Zwar lassen die vollmundigen US-Werbesprüche unsereins eher schmunzeln. Doch Amerikaner nehmen sie ernst. Die Slogans transportieren viel von der besonderen amerikanischen Kultur.
„Musik bereichert Ihr Leben mehr, wenn die häusliche HiFi-Anlage Ihnen ins Freie folgt“, schwärmt Hans Fantel im Jahrhundertsommer 1959 vom damals hochaktuellen Outdoor-HiFi. „Was kann romantischer sein als leise Musik in lauer Nacht – bei einem kühlen Drink unter funkelnden Sternen?“
„Sie können vor Ihren Gästen im T-Shirt Programmmeister spielen“, schreibt der Redakteur der Zeitschrift Audio über die Möglichkeiten, die Lautsprecher auf der Terrasse, am Grillplatz oder wie hier am Pool bieten
„Ins Freie folgen“ meint Fantel wörtlich, denn das Ansteuern von Außenlautprechern von der HiFi-Anlage im Wohnzimmer aus via Bluetooth ist damals natürlich noch nicht erfunden. Für Musik im Garten müssen die Geräte schon mit nach draußen gemommen werden.
Plattenspieler, Bandgerät und Verstärker werden zum Beispiel auf einem Teewagen auf die Terrasse gerollt. Dieser „Sound Truck“ lässt sich dann von der Hollywood-Schaukel aus bedienen, bei aufziehendem Gewitter aber auch rasch wieder ins Haus bringen.
Noch scheint auf dem obigen Foto die Sonne: Die Allwetter-Lautsprecher können bei einem Regenschauer draußen bleiben – der Röhrenverstärker auf dem runden Tischchen muss dann ins Haus.
Weil der Platz knapp ist, hat die junge Frau den Plattenwechsler einfach auf den Verstärker gestellt
Das folgende Bild zeigt als Programmquelle ein Spulentonbandgerät auf einem Beistelltisch.
Die Lautsprecher auf den Mauereinfassungen haben an ihrer Unterseite mehrere Regler. Ob es sich hier um eine frühe Form von Aktivboxen handelt? Das Foto unterm Sonnenschirm muss Anfang der 1960er Jahre entstanden sein – Stereo ist der neueste Schrei.
Von Bandgeräten gab es für den Garten auch tragbare Koffer-Ausführungen. Hier sorgt ein Partygast mit sommerlichen Kopfschmuck in der jungen Runde für gute Laune
Im Normalfall benötigten HiFi-Geräte im Garten einen Netzanschluss. Nicht so dieses Spulen-Tonbandgerät des damals bekannten amerikanischen Herstellers Concertone – das schnurlose Modell 727 mit Batteriebetrieb.
Wer seine HiFi-Geräte lieber doch nicht nach draußen bringt, kann die Gartenlautsprecher über Kabel an die Anlage im Wohnzimmer anschließen. „Klingeldraht für vier Cent pro Fuß genügt“, versichert Hans Fantel – und lässt Highend-Freunde heute aufheulen.
Eines dieser Modelle ist der „Musicaster“ der renommierten amerikanischen Lautsprecherschmiede Electro-Voice. „Schrauben Sie unseren Musicaster mit der U-Halterung einfach an die Hauswand“, wirbt der Hersteller aus der Kleinstadt Buchanan in der Nähe des Michigansees für sein Outdoor-Modell, „und genießen Sie ein Konzert in der Sonne.“
Der Musicaster von Electro Voice ist eine wetterfeste Zweiweg-Konstruktion mit hohem Wirkungsgrad
Im Musicaster übernimmt ein rückwärts gerichteter Lautsprecher den Bassbereich. Der „Radar Dual Cone Speaker“ – der Name sagt es – strahlt die Höhen nach vorn im Winkel von 120 Grad ab.
Funktionsprinzip des Musicaster mit seiner besonderen Schallführung
Dank der breiten Schallabstrahlung ist die Aufstellung der Zweiweg-Konstruktion selbst bei Stereobetrieb unkritisch – dem Konzert in der Sonne steht nichts im Weg.
Beliebter Platz zur Montage des Musicaster ist ein Dachgesims, das hier ideale Bedingungen zur Klangabstrahlung bietet. Beschwingte Musik verkürzt die Wartezeit auf den Grillgenuss. Der Gast auf der Liege hält schon die Fleischgabel parat
Electro Voice betont, dass sich der Musicaster natürlich auch zu Fußballübertragung ins Freie eignet. Polyesterbeschichtete Membranen und das einbrennlackierte Gehäuse aus Aluminium-Druckguss garantieren hohe Wetterfestigkeit – jahrein, jahraus.
Schwungvolle Musik für die Grillparty – bei Sonne oder Regen
Bach oder Be-Bop während des Grillvergnügens: Auch der Boxenhersteller University aus White Plains bei New York empfiehlt für die Montage seines Allwettermodells BLC ein Dachgesims. Im Weltraumbahnhof Cape Canaveral schätzt man das Modell besonders: Über den BLC werden hier die Countdowns von Raketenstarts angesagt
„Unsere Allwetter-Lautsprecher bringen den superben Klang Ihrer HiFi-Anlage nach draußen“, verspricht University – auch hier am Pool in Stereo. Für Schwimmbäder in Luxusresorts bietet der Hersteller von seinem BLC genannten Modell sogar eine Unterwasser-Ausführung an
„Unbeschränkte Mobilität“ und „beispiellosen Nutzen“ attestiert Electro-Voice dem tragbaren, nur vier Kilogramm wiegenden Sonocaster.
Im Mittelpunkt jeder Party: Electro-Voice bezeichnet das Styling seines Koffermodells als extrem attraktiv
Der Koax-Lautsprecher des Sonocaster mit 20 Zentimeter Durchmesser und 30 Watt Belastbarkeit glänzt mit hohem Wirkungsgrad, sorgt für „HiFi-Wiedergabe ohne Wenn und Aber“. Das sandfarbene Gehäuse mit Chromring besteht aus dem strapazierfähigen Kunststoff von Flugzeugkoffern. „Kein Abwetzen, kein Abblättern, kein Abplatzen“, versichert der Hersteller.
Erfindungsreich ist die Lowell Company aus Saint Louis, Missouri, mit ihrem HIFILITE – einem Lautsprecher für den Garten, der als Terrassenlaterne getarnt ist
„Echte HiFi-Qualität – nicht nur ein Kompromiss“: Das verspricht die Atlas Sound Corporation in New York von ihrem Modell WT-6. Die Zweiweg-Konstruktion mit beigem, einbrennlackiertem Gehäuse hat einen Frequenzgang von 140 bis 15000 Hertz und ist mit bis zu 15 Watt Dauerton belastbar
Auch ein Modell von James B. Lansing darf in der illustren Schar der Gartenlautsprecher nicht fehlen: Dieses schwenkbare Boxenpärchen hört auf den Namen JBL Festival
Wettertauglichkeit bieten alle hier vorgestellten Gartenlautsprecher. Bozak aus Darien, Connecticut – ein Hersteller, der vor allem für seine HiFi-Boxen im Stilmöbeldesign bekannt ist – verspricht aber noch mehr: Dem Außenlautsprecher „Bard“ schreibt Bozak die wasserabweisenden Eigenschaften von Entengefieder zu.
„Auf diesen Allwetter-Lautsprecher brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen“, versichert Bozak. Selbst beim Rasensprengen könne der Bard an seinem angestammten Platz bleiben. Interessant: Der Begriff „Pamper“ bestand offenbar schon lang vor der Einführung der gleichnamigen Babywindel in Deutschland
„Keine Frage“, schließt Hans Fantel seinen sommerlichen Beitrag in der Zeitschrift Audio über das wetterfeste Lautprecherangebot. „Der Klang dieser Spezialmodelle hat mit dem blechernen Sound von Public-Address-Lautsprechern nichts gemein.“