Budget-Laufwerke für Eidgenossen
Vor einiger Zeit konnte ich ein 1962 von Thorens in Sainte-Croix herausgegebenes Prospektblatt erwerben. Es belegt, dass der Thorens TD 111 und das Bausatzmodell TDK 101 – entgegen dem Informationsstand in Band 1 meines Werkes – für kurze Zeit in der Schweiz erhältlich waren.
Der Absatz dieser eintourigen, für den US-Markt konzipierten Budget-Spieler dürfte allerdings nur minimal bis kaum gegeben gewesen sein. Wohl kaum ein Eidgenosse wird sich der Mühe unterzogen haben, ein Plattenlaufwerk selbst zusammenzusetzen. Doch immerhin ist ein in der Schweiz gekaufter Thorens TDK 101 mit Betriebsspannung 220 Volt/50 Hz dokumentiert.
Thorens TD 111 aus meiner Sammlung. Das US-Laufwerk hat Peter Feldmann auf 235 V/50 Hz umgerüstet und darauf einen Tonarm Electro-Sonic S-2000 montiert. Im Kopf der Magnet-Tonabnehmer Empire 108. Eine stimmige Kombination!
Die Sparversion des Thorens TD 124
Auch der gegenüber dem großen Bruder abgespeckte Thorens TD 121, ebenfalls nur mit der Drehzahl 33 ⅓ U/min, wurde in der Schweiz, nun ja: zumindest angeboten.
Thorens trugt mit dem TD 121 Anfang der 1960er Jahre einem neuen Trend in Amerika Rechnung. Leitgedanke solch eintouriger US-Modelle wie die von Presto und Rek-O-Kut war die Erkenntnis, dass nur Langspielplatten bestmögliche Klangqualität bieten und für den HiFi-Liebhaber keine anderen Abspielformate in Frage kommen.
Das Schaltfeld des Thorens TD 121 kennt nur die Stellungen „On“ und „Off“. Drehzahlwechsel ist theoretisch möglich, wenn man den Teller abnimmt und das Reibrad von Hand in die Höhe der gewünschten Stufenscheibe bringt. Aber: Wer macht das schon?
Der TD 121 wurde auch in guten Plattengeschäften eingesetzt, wo der Spieler zur Vorführung von LPs diente und die fehlenden „Features“ nicht ins Gewicht fielen. In der Schallplattenindustrie zog man das Laufwerk zur Kontrolle der Pressqualität heran. Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt der Kostenersparnis, denn getriebelose Laufwerke lassen sich preiswerter herstellen.
Beim TD 121 fiel die Kreislibelle dem Rotstift zum Opfer. Die Aussparung im Chassis bedeckt eine runde Plakette mit der Aufschrift „33 ⅓“
Das gegossene schwere Chassis des TD 121 ist identisch mit dem seines größeren Bruders, das solide Laufwerk hat das gleiche Antriebssystem mit Riemen und Reibrad. Allerdings muss es ohne Leuchtstroboskop auskommen.
Zeitgenössische Abbildung aus dem Prospekt des US-Importeurs Elpa Marketing Industries. Der beim TD 121 funktionslose Stroboskopschacht wurde in dieser Darstellung einfach wegretuschiert
Eine Kupplungsmechanik hat der Thorens TD 121 ebenfalls nicht. Auch die Aussparung für den Kupplungshebel an der linken Seite des Chassis – in der obigen Abbildung zu erkennen – bleibt ohne Funktion.
Zwei wichtige Vorteile
Der 3 Kilogramm schwere Plattenteller des Thorens TD 121 besteht aus Zinkguss und ist antimagnetisch. Dadurch erlaubt er den problemlosen Betrieb von Decca ffss und allen elektrodynamischen Tonabnehmern wie Ortofon SPU. Außerdem neigt der massive Teller nicht zum Klingeln – ein wichtiger Pluspunkt gegenüber dem antimagnetischen Schwungrad CB 788 des Thorens TD 124.
Der Plattenteller des Thorens TD 121 ruht wie der des Wechslers Thorens TD 224 auf der leichteren Hauptachse des Thorens TD 135. Sie hat lediglich 10 Millimeter Durchmesser (Thorens TD 124: 14 Millimeter)
Qualitativ liegt der TD 121 mit dem gleichen patentierten Tonarm-Montagebrett praktisch auf dem Niveau des TD 124. Doch wie beim Mercedes 219, der „Spar-Ausführung“ des klassischen Mercedes 220 in Pontonform aus den 1950er Jahren, blieben auch beim TD 121 mit nur einer Geschwindigkeit die Verkaufszahlen gering.
Meist verzichteten die US-Käufer auf den Preisvorteil von 20 Dollar gegenüber dem TD 124 und entschieden sich für das größere Modell oder für den „kleinen“, deutlich günstigeren TD 135, der zudem mit vier Drehzahlen aufwartet. Damit hatte der TD 121 das Zeug zum Ladenhüter.
1965 tauchte die Sparausführung im Katalog von „Allied Radio“ – einem der führenden amerikanischen Elektronik-Versender – auf, der auch mit Restposten handelte. Dort wurde der TD 121 mit Ortofon-Tonarm SMG 212 für 115 Dollar verramscht
Selbst bei der Markteinführung des TD 125 war der eintourige Uralt-Spieler offenbar noch ab Lager zu haben. Denn im Sommer 1968 führte die US-Zeitschrift Stereophile den TD 121 in der Rubrik „Empfehlenswerte HiFi-Komponenten“ in Kombination mit dem Tonarm ADC Pritchard und dem Tonabnehmer Shure M 92-G auf.
Den Modellen TDK 101, TD 111 und TD 121 war in Nordamerika kein großer Erfolg beschieden. Zu einer Zeit, in der viele Hersteller ihre Plattenspieler gerade um die vierte Drehzahl 16 ⅔ U/min ergänzten, hatte sich Elpa bezüglich der Marktchancen für Spieler mit nur einer Geschwindigkeit verschätzt. Nach kurzer Zeit wurde die Produktion der Exoten in Sainte-Croix wieder eingestellt.
Heute ist der Thorens TD 121 eine ernst zu nehmende Alternative zum großen Bruder. Aber nicht nur das: Da von dem Spieler kaum 2000 Exemplare gebaut wurden, ist der TD 121 ein hochwertiges, interessantes Sammelobjekt – mit dem man natürlich auch prima Schallplatten hören kann. Allerdings wird er bei eBay – entsprechend der Rarität – nur selten angeboten. Oft ungepflegt oder von amerikanischen Vorbesitzern verbastelt – er war ja nur die Sparversion …